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Erhalt der Kitas in freier Trägerschaft in Gefahr

Geschrieben am: 16.12.2025

Die Lebenshilfe Worms warnt vor drastischen Folgen und beteiligt sich an landesweiter Protestaktion

Kindertagesstätten in freier Trägerschaft – insbesondere integrative und heilpädagogische Einrichtungen – sind seit Jahrzehnten ein unverzichtbarer Bestandteil der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Inklusion in Rheinland-Pfalz. Sie stehen für Vielfalt, Innovation und echte Wahlfreiheit für Familien. Doch ihr Fortbestand ist akut bedroht: Verlässliche Rahmenvereinbarungen fehlen, die Finanzierung ist unsicher – viele Einrichtungen stehen kurz vor dem Aus.

Bereits über 50 Prozent der integrativen und heilpädagogischen Kitas in freier Trägerschaft arbeiten defizitär. Besonders betroffen sind Einrichtungen, die Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen gemeinsam fördern und begleiten.


„Alarmstufe Rot“: Lebenshilfe Worms setzt sichtbares Zeichen

Auch die Lebenshilfe Worms beteiligte sich mit der Tom-Mutters-Kindertagesstätte an der landesweiten Protestaktion des Landesverbandes Rheinland-Pfalz der Lebenshilfe unter dem Motto #JAFürjedesKind.

Schon am Eingang der Einrichtung machte ein großes Banner mit der Frage „Wie lange können wir Ihre Kinder noch betreuen?“ auf die angespannte Situation aufmerksam. Mitarbeitende, Kinder und viele Eltern erschienen in roten Shirts, Buttons mit der Aufschrift „TMK. Bald nicht mehr da?“ wurden verteilt und eine interne Kita-Demo setzte ein eindrucksvolles Zeichen des Protests. Die Gänge waren mit Absperrband versehen, Plakate wie „Wir sind laut, weil man uns die Kita klaut“ machten auf die Dringlichkeit aufmerksam.

„Unsere Fachkräfte leisten täglich hochengagierte Arbeit, um allen Kindern eine gute Bildung und Teilhabe zu ermöglichen. Doch Engagement allein reicht nicht, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen“, betont Michel Adolf, Bereichsleiter „Kinder und Familie“ der Lebenshilfe Worms. „Wir brauchen endlich eine dauerhaft verlässliche Finanzierung. Die Politik muss nun handeln. Mit unserer Aktion wollen wir die Missstände sichtbar machen und weitere Unterstützung für die Petition gewinnen.“

Kitas unter Druck – Finanzierung ungelöst

Die derzeitige Gesetzeslage im KiTaG RLP sieht vor, dass freie Kita-Träger – darunter viele aus der freien Wohlfahrtspflege – einen Eigenanteil zur Finanzierung beisteuern sollen. Dies widerspricht dem Prinzip der Subsidiarität und überlastet gemeinnützige Einrichtungen, die ohnehin stark unter Fachkräftemangel und steigendem Kostendruck leiden. Dieser kann auch nicht durch Querfinanzierungen aus anderen, ebenfalls öffentlich geförderten Bereichen kompensiert werden. Der Eigenanteil ist eigentlich nicht monetär beziffert. Er kann auch durch Leistungen, die ein freier Träger anbietet, abgedeckt werden. Doch in vielen Kommunen verlaufen individuelle Verhandlungen nicht so, dass es zur Deckung aller Kita-Betriebskosten kommt. Freie Träger dürfen hier nicht benachteiligt werden.

Fehlende Schnittstellen zur Eingliederungshilfe sowie eine unzureichende Personalbemessung verschärfen die Lage zusätzlich. Besonders betroffen sind integrative und heilpädagogische Kitas, die bislang durch vollfinanzierte Plätze für Kinder mit Beeinträchtigung abgesichert waren. Diese Sicherheit ist nun durch die aktuelle Auslegung der Gesetzgebung gefährdet. Besonders Kinder mit Beeinträchtigungen, insbesondere mit komplexem Förderbedarf benötigen spezialisierte, interdisziplinäre Betreuung, wie sie in integrativen und heilpädagogischen Kitas geboten wird.

Verhandlungen zur Finanzierung laufen seit Jahren ergebnislos. Die zuständigen Stellen in Kommunen und auf Landesebene schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu und verweisen auf Haushaltslagen.

Familien sind auf verlässliche, qualitativ hochwertige und flexible Betreuungsangebote angewiesen, um Familie und Beruf vereinbaren zu können. Die Folgen eines Wegfalls freier Träger wären gravierend:

  • Kürzungen von Betreuungszeiten und Schließung von Gruppen
  • Überlastung des Personals und Qualitätsverluste
  • massive Einschränkungen für Eltern in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Rückschritte bei Inklusion, Teilhabe und Förderung von Kindern mit Beeinträchtigungen

    Petition des Landesverbandes: #JAfürjedesKind

    In einer landesweiten Petition fordert der Landesverband Rheinland-Pfalz der Lebenshilfe die Landesregierung auf, Verantwortung zu übernehmen.

    „Die klammen Kassen der Kommunen dürfen nicht auf Kosten der Kinder und Familien ausgeglichen werden“, erklärt Sven Friedrich, Landesgeschäftsführer der Lebenshilfe Rheinland-Pfalz.

    Ziel ist es, politischen Druck aufzubauen, um zeitnah tragfähige Lösungen zu entwickeln.

      Forderungen der Petition im Überblick

      • Sichern Sie den Fortbestand der Kindertagesstätten in freier Trägerschaft! Überarbeiten Sie die Regelungen zum Pflichtanteil so, dass das Subsidiaritätsprinzip gewahrt bleibt und Träger nicht in ihrer Existenz gefährdet werden.
      • Stellen Sie eine auskömmliche Finanzierung sicher! Sorgen Sie dafür, dass die Finanzierung der Kitas – insbesondere auch der integrativen und heilpädagogischen Einrichtungen – dauerhaft und bedarfsgerecht gesichert ist.
      • Erfüllen Sie den Anspruch auf Leistungen aus einer Hand! Die etablierte und erfolgreiche heilpädagogische Arbeit der integrativen und heilpädagogischen Kitas müssen für die Kinder mit schwersten Beeinträchtigungen als ganzheitliche und alltagseingebundene Leistungen „aus einer Hand“ bestehen bleiben. Denn Personenzentrierung bedeutet auch z.B. tagesformabhängig auf die Bedarfe reagieren zu können. Es braucht auch weiterhin ein multidisziplinäres Team inkl. Therapeuten in integrativen und heilpädagogischen Kindertagesstätten.
      • Übernehmen SIE Verantwortung! Verweisen Sie nicht gegenseitig auf die jeweils andere Ebene (Land/Kommune), das Konnexitätsprinzip oder die Haushaltslage der Kommunen und die Aufsicht der ADD. Diese Argumente dürfen nicht auf dem Rücken der Familien und Kinder ausgetragen werden.